Statement

Die analytische Sicht auf meine in einem Zeitraum von dreißig Jahren entstandenen Objekte, Skulpturen, Bilder und Papierarbeiten wie die theoretische Auseinandersetzung mit den Arbeitsprozessen selbst, verdeutlichen auch in Anbetracht des weitgefächert erscheinenden Arbeitsspektrums, dass der Punkt als Einzelform, das Punktraster und in naheliegender Folge der Kreis die Identifikationsmerkmale meines Werks geblieben sind.

Mit diesen, in beliebige Richtungen erweiterungs- und kompositionsfähigen Elementen erreiche ich über die zweidimensionalen Darstellungen hinaus räumliche Wirkungen auf unterschiedlichen Farbgründen durch die Variation des Abstandes der Punkte innerhalb der Struktur. Die Überlagerung einer monochromen Ebene mit einer Rasterstruktur, dessen Verschiebung und Drehung, führen dann zu weiteren, imaginär scheinenden Schritten, in die Arbeitsebene hinein oder als empfundene Dimension aus ihr heraus. Es ist für mich mehr als folgerichtig, an diesen Themen zu bleiben, die ein Spektrum von Darstellungsmöglichkeiten beinhalten. Das zeitlich parallele Bearbeiten dieser Einzelbereiche führt in den Ergebnissen zu einer ablesbar übergreifenden Geschlossenheit des Gestaltungskomplexes, deutlich besonders dann, wenn sie in Ausstellungen zusammengeführt sind und diese Wirkung entfalten können.

Eine umschließende Einfassung der homogen gerasterten quadratischen, kreisförmigen oder elliptischen Bearbeitungsebenen mit Linien oder Bandformen, die Abgrenzung einer totalen Struktur nur durch den Bildrahmen oder auch die diametral oder parallel eingebundenen Rasterformen, verweisen auf diese Vielfalt an Möglichkeiten des Umganges mit einem Element. In weiteren Ergebnissen löse ich die geometrisch fixierte Begrenzung, die Kontur des Kreises oder die der Ellipse, mit einer offenen Rasterung auf. Hier nutze ich eine, sich nach außen oder nach innen verlaufende, in ihren Punktgrößen veränderte Struktur, die den räumlichen Eindruck auf der Fläche auch in dieser Variante erlebbar macht.

Bei der Beurteilung meiner Bilder wird vielfach auch von einer transzendenten Wirkung gesprochen. Ursachen hierfür können die genannten, sich aus der Rasterstruktur entwickelnden Raumtiefen sein, die zweidimensional angelegt, eine dritte Dimension suggerieren. Oder weiter gedacht, können die auf sehphysikalischen und psychologischen Faktoren beruhenden Erscheinungen eine Wahrnehmung von nicht existenten Bewegungen innerhalb des statisch angelegten Bildareals bewirken. Je nach Betrachtungsabstand und Sichtwinkel vibrieren die Bilder oder kehren zu einem in sich ruhenden Zustand zurück. Dieses Empfinden ist subjektiv differenziert. Hierbei kann dieses optische Phänomen von einer darauf hinzielenden Farbgebung des Untergrundareals beeinflusst sein. Rasterdrehungen und die Verwendung der Basisfarbe zur Abdeckung des ersten Rasterauftrages führen je nach Drehwinkel des Arbeitsmittels zu einem Spektrum großförmiger Rasterüberlagerungen, die sowohl für optische wie auch technische Aspekte ein Ausgangspunkt für weitere Untersuchungen sein können.

Die aus der Kreisform abgeleiteten Skulpturen und Objekte erzielen ihre Wirkung zunächst durch die vom Volumen bestimmte, in den Raum gerichtete Kraft. In verschiedenen Werksreihen werden dabei Staffelungen von klar definierten geometrischen Großformen zu einer Gesamtskulptur zusammengeführt. Eine Rasterung – ob als Perforation eingebracht, oder haptisch aufgetragen – steigert hier die Beziehung des Gegenstandes zum Raum. Licht, Schatten, Glanz oder matte Farbgebung unterstützen die dritte Dimension ebenso wie die sich dann mehr oder weniger einstellende Spiegelung der Umgebung. Die zeitnahen, aus den Kreismodifikationen bis hin zur Ellipse entwickelten Skulpturen und Objekte sind in Grund-, Seiten- und Aufriss wie auch im Diagonalschnitt elliptisch aufgebaut. Ihre Hauptansicht wird dabei von einer homogenen Rasterung bestimmt, welche durch einen Aneinanderreihung von Rohrquerschnitten gebildet wird. Die Röhren selbst führen durch den Korpus hindurch und verbinden seine formbestimmenden Außenflächen bündig. Diese offene Struktur ermöglicht je nach Betrachtungsstandort eine Sicht in das Objekt hinein. Dessen sphärische Gestalt, ob an der Wand oder auf dem Boden liegend installiert, verleiht ihm dadurch den Eindruck schwebender Leichtigkeit.

Reinhard Roy – Frankfurt am Main, August 2014